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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:20.07.2012
Aktenzeichen:VG 07/11
Rechtsgrundlage:§ 42 VVZG-EKD, § 14 AEG VVZG-EKD, § 34 KVwGG, § 62 Abs. 1 PfarrerG, § 64a PfarrerG i.d.F. v. 01.01.2011; § 25 VVZG-EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Ruhestandsversetzung auf (formlosen) Antrag, Rücknahme/Abänderung einer Ruhestandsversetzung, Widerspruchsverfahren trotz gesetzlichem Ausschluss, Zusicherung im Wege einer E-Mail, vorzeitige Ruhestandsversetzung - Anfechtung des Antrags, vorzeitiger Ruhestand

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 20. Juli 2012

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Leitsatz:

  1. Die Einlegung eines nach § 42 VVZG-EKD nicht statthaften Widerspruchs wahrt die Klagefrist nicht. Ein vom Oberkirchenrat trotz mangelnder Statthaftigkeit eines Widerspruchs erlassener „Widerspruchsbescheid“ stellt eine erneute Verwaltungsentscheidung dar, die die Klagefrist erneut in Lauf setzt.
  2. Der Antrag auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand kann formlos gestellt werden.
  3. Der Antrag auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ist maßgebend für den Zeitpunkt und den Grund der Zurruhesetzung sowie für den Prüfungs- und Entscheidungsrahmen des Dienstherrn.
  4. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer antragsgemäßen Versetzung in den Ruhestand sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag.
  5. Die Anfechtung eines Antrags auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ist nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 119, 120, 123 BGB) möglich, sie hat jedoch unverzüglich nach Kenntnis des Antragstellers von dem Anfechtungsgrund zu erfolgen.
  6. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf die unveränderte Weitergeltung einer bestimmten Rechtslage gibt es grundsätzlich nicht.
  7. Nach Eintritt in den Ruhestand ist eine Rücknahme der Zurruhesetzungsentscheidung oder die Änderung des Rechtsgrundes hierfür nicht mehr möglich (im Anschluss an VG der Evang. Landeskirche in Württemberg, Urteil v. 19.03.2010 - VG 06/08)
  8. Zu Frage, ob eine Zusicherung in der Form einer E-Mail ergehen kann.
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In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer i. R. .....
– Kläger –
prozessbevollmächtigt:
.....
gegen
Evang. Landeskirche in Württemberg,
vertreten durch den Evang. Oberkirchenrat,
dieser verteten durch die Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
– Beklagte –
wegen
Versetzung in den Ruhestand
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Vorsitzenden,
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Rüdiger Albrecht als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt,
die Pfarrerin Heidi Essig-Hinz als ordiniertes Mitglied,
den Pfarrer Klaus Dieterle als ordiniertes Mitglied, den Rechtsanwalt Paul Eckert als nichtordiniertes Mitglied
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2012 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen eine ihm gegenüber ergangene Ruhestandsverfügung und begehrt stattdessen seine Versetzung in den Ruhestand auf anderer rechtlicher Grundlage.
Der am xx.xx.1947 geborene Kläger durchlief in den Jahren 1962 bis 1964 zunächst eine Ausbildung beim Postdienst und arbeitete in der Folgezeit als Postschaffner. Von 1969 bis 1973 absolvierte er ein Studium an der CVJM-Sekretärschule in K. Von 1973 bis 1980 arbeitete er als Stadtjugendreferent bei der Kirchengemeinde in N., von 1980 bis 1992 als Landesjugendreferent beim Evang. Jugendwerk in Württemberg. Mit Wirkung zum 15.08.1992 wurde er in den Pfarramtlichen Hilfsdienst der Landeskirche übernommen, mit Wirkung zum 01.03.1996 als ständiger Pfarrer auf die Pfarrstelle M., Dekanat B., ernannt, die er in der Folgezeit versah.
Bereits im Frühjahr 2004 erbat der Kläger beim Oberkirchenrat Auskunft zu seinen Versorgungsbezügen. Mit Schreiben vom 17.03.2004 wies ihn der Oberkirchenrat u.a. auf den frühestmöglichen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mit Vollendung des 63. Lebensjahres zum 01.09.2010 hin und leitete ihm eine Ruhegehaltsberechnung – mit Abschlägen von 3,6 % p.a. – zu. Mit Schreiben vom 07.07.2009 teilte der Kläger dem Oberkirchenrat mit, er leide an einer Herzinsuffizienz; außerdem sei im Jahre 2007 bei ihm ein psychisch-vegetativer Erschöpfungszustand diagnostiziert worden, woraufhin ein dreiwöchiger Kuraufenthalt notwendig geworden sei. In diesen Wochen sei in ihm der Entschluss gereift, im Alter von 63 Jahren, also im Sommer 2010, die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zu beantragen. Er und seine Frau hätten sich zudem entschlossen, in M. den Bau eines alters- und behindertengerechten Ruhestandshauses zu beginnen. Da dieses Haus nun vorzeitig fertig geworden sei, beantrage er die Befreiung von der Residenzpflicht mit Wirkung zum 01.09.2009. Ausweislich eines in den Akten befindlichen Telefonvermerks rief der Kläger am 12.10.2009 beim Oberkirchenrat an und teilte mit, dass das Pfarrhaus in M. zum 01.09.2009 geräumt worden und der Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand auf den 01.09.2010 zu setzen sei.
Mit Verfügung vom 03.12.2009 entsprach der Oberkirchenrat dem Antrag auf Befreiung von der Residenzpflicht unter Hinweis darauf, dass dieser Antrag „im Zusammenhang mit der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zum 01.09.2010“ beantragt worden sei. Mit weiterem Schreiben vom 14.12.2009 reagierte der Oberkirchenrat gesondert auf die vom Kläger im Schreiben vom 07.07.2009 erwähnte Zurruhesetzungsabsicht und teilte diesem mit, da der vorgesehene Termin - Ruhestand zum 01.09.2010 - noch nicht in greifbarer Nähe liege, erhalte der Kläger „diesen Zwischenbescheid“ und könne nun mit dem genannten Termin in der weiteren Planung für sich persönlich und für seinen bisherigen Arbeitsbereich rechnen. Sein Antrag auf Versetzung in den Ruhestand werde weiterbearbeitet, wobei man davon ausgehe, dass sich die Rechtslage dazu in absehbarer Zeit nicht ändere.
Mit Verfügung vom 10.05.2010, welcher keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, versetzte der Oberkirchenrat den Kläger gem. § 62 Abs. 1 PfarrerG mit Wirkung zum 01.09.2010 in den Ruhestand. Nach Darstellung des Klägers ist ihm diese Verfügung am 20.05.2010 zugegangen.
Mit Anwaltsschreiben vom 07.02.2011 beantragte der Kläger, die Versetzung in den Ruhestand zum „01.10.2010“ (gemeint: 01.09.2010) rückgängig zu machen und ihn zum 01.01.2011 gem. § 64a Abs. 1 Württ. Pfarrergesetz - PfarrerG - in den Ruhestand zu versetzen. Zur Begründung wurde geltend gemacht, der Kläger sei über die geplante Neuregelung des § 64a PfarrerG, welche eine Zurruhesetzung bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres ohne Abschläge ermögliche, nicht informiert worden, obwohl der Oberkirchenrat der Landessynode bereits im Juli 2010 einen entsprechenden Gesetzentwurf zugeleitet habe. Eine solche Information sei geboten gewesen, zumal für den Kläger keine Notwendigkeit bestanden habe, bereits im Jahr 2010 in den Ruhestand zu treten. Der Zeitpunkt sei vielmehr frei gewählt gewesen. Hierauf reagierte das Personaldezernat am 11.02.2011 mit folgender E-Mail-Nachricht an die Prozessbevollmächtigte des Klägers: „Wir können Ihnen zusagen, dass wir Ihrem Antrag folgen und die Zurruhesetzung von Pfarrer B. zum 01.01.2011 nach § 64a verfügen“. Mit weiterer E-Mail vom 14.02.2011 teilte das Personaldezernat der Prozessbevollmächtigten des Klägers „unter Zurücknahme der Mitteilung vom Freitag“ mit, dass noch Zeit benötigt werde zur Prüfung der von ihr aufgeworfenen Frage.
Mit Bescheid vom 04.05.2011 lehnte der Oberkirchenrat eine Zurücknahme der Zurruhesetzung gem. § 62 Abs. 1 PfarrerG und den Erlass einer Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG ab. Mit Anwaltschriftsatz vom 19.05.2011 erhob der Kläger „rein vorsorglich“ Widerspruch gegen die Zurruhesetzung gem. § 62 Abs. 1 PfarrerG. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 08.06.2011 erhob er zusätzlich Widerspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Versetzung in den Ruhestand nach § 64a PfarrerG.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2011 wies der Oberkirchenrat den Widerspruch vom 19.05.2011 zurück und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Ruhestandsversetzung in dem Bescheid vom 10.05.2010 an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Widerspruch sei an sich schon nicht statthaft, weil gegen die Zurruhesetzungsverfügung des Oberkirchenrats als oberster Dienstbehörde kein Widerspruchsverfahren durchzuführen sei. Der Oberkirchenrat sei jedoch nicht gehindert, ein Widerspruchsverfahren dennoch zuzulassen. Hier sei der Widerspruch aber im Hinblick darauf unzulässig, dass der Kläger durch die Zurruhesetzungsverfügung vom 10.05.2010 nicht belastet werde. Seinem Begehren sei vielmehr auf Basis der im Zeitpunkt dieser Entscheidung geltenden Rechtslage, die anzuwenden sei, voll entsprochen worden. § 64a PfarrerG sei hingegen erst zum 01.01.2011 und damit nach dem Zurruhesetzungsantrag des Klägers in Kraft getreten. Der Widerspruch sei aber auch unbegründet, denn die formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung des Klägers nach § 62 Abs. 1 PfarrerG hätten im Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen. Aufgrund des allgemeinen Verwaltungshandelns des Oberkirchenrats bei der Behandlung von Anträgen nach § 62 Abs. 1 PfarrerG sei auch der Fall einer Ermessensreduktion auf Null gegeben gewesen mit der Folge, dass dem Antrag des Klägers auf Zurruhesetzung zum 01.09.2010 habe stattgegeben werden müssen. Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig und zweckmäßig. Eine alternative Zurruhesetzungsmöglichkeit nach § 64a PfarrerG habe nicht zur Verfügung gestanden, weil die Vorschrift erst zum 01.01.2011 in Kraft getreten sei. Unabhängig davon hätten einer solchen Vorgehensweise kirchliche Interessen entgegen gestanden. Denn Zweck der Zurruhesetzungsmöglichkeit sei es nicht gewesen, Personen zum Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand zu motivieren, die – wie der Kläger - ohnehin nach § 62 Abs. 1 PfarrerG in den Ruhestand hätten treten können und dies auch gewollt hätten. Eine wirksame Zusicherung zur Rücknahme der ergangenen Zurruhesetzungsverfügung und zum Ergehen einer Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG sei nicht erfolgt. Denn eine Zusicherung müsse schriftlich erfolgen. Eine E-Mail erfülle das Schriftformerfordernis des § 25 Abs. 1 VVZG-EKD i.V.m. § 2 Abs. 1 VVZG-EKD aber nicht. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lägen nicht vor; auch eine Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts komme nicht in Betracht.
Mit gesondertem Widerspruchsbescheid vom 05.09.2011 wies der Oberkirchenrat auch den Widerspruch vom 08.06.2011 gegen die Ablehnung der Zurruhesetzung gem. § 64a PfarrerG als unzulässig zurück. In der Begründung heißt es: Gegen Entscheidungen des Oberkirchenrats als oberster Dienstbehörde sei ein Widerspruchsverfahren nicht statthaft. Unabhängig davon wäre der Widerspruch auch unbegründet. Da der Kläger bereits mit Verfügung vom 10.05.2010 in den Ruhestand versetzt worden sei, sei eine erneute Ruhestandsversetzung aufgrund § 64a PfarrerG gar nicht möglich. Eine wirksame Zusicherung zur Rücknahme der ergangenen Zurruhesetzungsverfügung und zum Ergehen einer Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG sei nicht erfolgt. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens komme nicht in Betracht.
Am 19.09.2011 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Er habe mit Schreiben vom 07.07.2009 einen Antrag auf Befreiung von der Residenzpflicht gestellt, aber nicht seine Versetzung in den Ruhestand beantragt. Auch ansonsten habe er keinen (weiteren) Zurruhesetzungsantrag gestellt. Soweit die Beklagte im Schreiben vom 14.11.2011 auf seinen Antrag „betreffend die vorzeitige Zurruhesetzung nach § 63 Abs. 1 PfarrerG“ Bezug nehme, finde sich ein solcher Antrag in den Akten nicht. Er habe auch der Sache nach nicht erklärt, zum 01.09.2010 in den Ruhestand versetzt werden zu wollen. Daher stehe fest, dass die Zurruhesetzungsverfügung vom 10.05.2011 auf unzutreffender tatsächlicher Grundlage ergangen sei. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin der Widerspruchsbescheide vom 19.08.2011 und vom 05.09.2011. Zu diesem Zeitpunkt sei die Neuregelung des § 64a PfarrerG bereits in Kraft gewesen; auch habe die Beklagte Kenntnis darüber gehabt, dass er - der Kläger - zwar aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand habe versetzt werden wollen, bei der Verfügung vom 10.05.2011 jedoch davon ausgegangen sei, dass keine andere gesetzliche Möglichkeit existiert habe. Im Schreiben vom 14.11.2009 habe der Oberkirchenrat nämlich zum Ausdruck gebracht, es werde davon ausgegangen, dass sich die Rechtslage in absehbarer Zeit nicht verändere. Hierauf habe er - der Kläger – sich verlassen. Tatsächlich habe sich die Rechtslage zum 01.01.2011 aber verändert. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen, denn der Oberkirchenrat habe die Gesetzesinitiative zur Einführung des § 64a PfarrerG vorbereitet und am 29.06.2010 im Kollegium hierüber beschlossen. Zwischen der Verfügung der Beklagten vom 10.05.2010 und diesem Beschluss lägen lediglich sechs Wochen. Der Kläger erfülle auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG. Die fiskalischen Interessen der Beklagten stünden dem nicht entgegen, denn seine – des Klägers – Pfarrstelle in M. sei von P 2 nach P 1 zurückgestuft worden. Mit seinem Eintritt in den Ruhestand werde sich dies realisieren. Es habe offenkundig auch im Interesse der Kirchengemeinde gelegen, dass das Pfarrhaus baldmöglichst frei werde. Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihn auf die Zurruhesetzungsmöglichkeit nach § 64a PfarrerG hinzuweisen. Dies sei aber nicht geschehen. Unabhängig davon sei ihm eine Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG mit E-Mail vom 11.02.2011 auch wirksam zugesichert worden. Zwar verlange § 25 VVZG-EKG für Zusicherungen die Schriftform. Eine E-Mail wahre diese Form aber, weil § 2 Abs. 2 VVZG-EKD die elektronische Form erlaube und eine andere Rechtsvorschrift nichts Abweichendes bestimme. An die gegebene Zusicherung sei die Beklagte auch gebunden. Die „Rücknahme“ mit E-Mail vom 14.02.2011 sei nicht wirksam.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Oberkirchenrats vom 10.05.2010, vom 04.05.2011, vom 19.08.2011 und vom 05.09.2011 zu verpflichten, ihn mit Wirkung zum 01.01.2011 gem. § 64a PfarrerG in den Ruhestand zu versetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Klage bereits für unzulässig, weil es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn durch die Zurruhesetzungsverfügung vom 10.05.2010 sei der Kläger nicht belastet. Er habe in voller Kenntnis der Vorschrift des § 62 Abs. 1 PfarrerG seine Zurruhesetzung zum 01.09.2010 beantragt. Zum damaligen Zeitpunkt habe § 64a PfarrerG aber noch nicht gegolten. Soweit der Kläger nunmehr bestreite, einen solchen Antrag gestellt zu haben, sei dies nicht richtig. Gegenüber der Beklagten habe er die gewünschte Zurruhesetzung zum 01.09.2010 sowohl schriftlich als auch mündlich zum Ausdruck gebracht. Ein „förmlicher“ Antrag sei nicht zwingende Voraussetzung für eine Zurruhesetzung; ein Beharren hierauf müsse bei gegebener Sachlage als unnötiger Formalismus angesehen werden. Zunächst habe der Kläger eine entsprechende Antragstellung auch eingeräumt. Ein Sinneswandel sei erst nach Kenntniserlangung von der Änderung der Rechtslage durch Einführung des § 64a PfarrerG eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger aber schon vier Monate im Ruhestand gewesen. Die bereits unzulässige Klage sei aber auch unbegründet. Die Zurruhesetzung nach § 62 PfarrerG verletze den Kläger nicht in seinen Rechten und sei formell wie materiell rechtmäßig erfolgt. Der Zurruhesetzungsbescheid sei schriftlich vom zuständigen Oberkirchenrat erlassen worden. Ein entsprechender Antrag des Klägers liege vor; auch sei der Kläger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zurruhesetzung 63 Jahre alt gewesen. Aufgrund der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten sei auch nur die positive Verbescheidung des Zurruhesetzungsantrages ermessensgerecht gewesen. Eine Möglichkeit, den Kläger nach § 64a PfarrerG in den Ruhestand zu versetzen, habe angesichts des Antrags des Klägers nicht bestanden. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Kläger über die möglicherweise bevorstehende Rechtsänderung bei den Zurruhesetzungsmöglichkeiten zu informieren. Denn das entsprechende Änderungsgesetz zum PfarrerG sei von der Landessynode erst am 23.11.2010 beschlossen worden und am 01.01.2011 in Kraft getreten. Allenfalls über eine Änderung der bestehenden Rechtslage hätte ggf. informiert werden müssen. Eine Information des Klägers habe sich aber auch deshalb nicht aufgedrängt, weil dieser gesundheitliche Gründe für einen frühen Ruhestandstermin angegeben habe. Selbst wenn man die Vorschrift des § 64a PfarrerG aus heutiger Sicht für anwendbar halte, erfülle der Kläger deren Voraussetzungen nicht. Denn seiner Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG stünden kirchliche Interessen entgegen. Sinn und Zweck der Regelung sei es nicht, Personen in den vorzeitigen Ruhestand zu motivieren, die – wie der Kläger - ohnehin nach § 62 Abs. 1 PfarrerG in den Ruhestand hätten treten können und dies auch gewollt hätten. Eine wirksame Zusicherung zur Rücknahme der Zurruhesetzungsverfügung vom 10.05.2010 und zum Erlass einer Zurruhesetzungsverfügung aufgrund § 64a PfarrerG sei schon mangels Erfüllung des Schriftformerfordernisses nicht erfolgt, denn § 2 Abs. 2 VVZG-EKD verlange insoweit eine qualifizierte elektronische Signatur, an der es hier fehle. Jedenfalls sei eine solche Zusicherung aber mit E-Mail vom 14.02.2011 wirksam widerrufen worden. Eine Rücknahme des den Kläger begünstigenden Verwaltungsakts vom 10.05.2010 komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 VVZG-EKD nicht vorlägen. Zu beachten sei zudem, dass Ruhestandsverfügungen nur bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden dürften. Dies sei im PfarrerG zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergebe sich aber aus § 72 Abs. 2 Satz 2 KBG.EKD und entsprechenden staatlichen Vorschriften. Es existiere ein entsprechender allgemein hergebrachter Rechtsgrundsatz für das gesamte öffentliche Dienstrecht. Die Ruhestandverfügung erschöpfe sich nicht in der Ruhestandsversetzung, vielmehr sei sie ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt. Die Ruhestandsversetzung und ihr Grund seien untrennbare Teile einer einheitlichen Regelung, wie sich bereits daraus ergebe, dass das PfarrerG keine isolierte (grundlose) Ruhestandsversetzung kenne. Nach dem Ruhestandbeginn könnten daher weder die Ruhestandsversetzung an sich noch der Grund, auf dem sie beruhe, geändert werden. Dieser Grundsatz diene dem Vertrauensschutz des Beamten, aber auch dem allgemeinen Interesse an der Rechtsbeständigkeit von Statusentscheidungen. Auch die Versorgungsbezüge müssten auf der Grundlage eines rechtsverbindlich bestimmten Grundes der vorzeitigen Zurruhesetzung bestimmt werden. Die Ruhestandsversetzung entfalte insoweit Feststellungswirkung.
Dem Gericht haben die zugehörigen Behördenakten des Oberkirchenrats vorgelegen. Auf sie, die Gerichtsakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
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Gründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihn - unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide des Oberkirchenrats vom 10.05.2010, 04.05.2011, 19.08.2011 und 05.09.2011 - mit Wirkung zum 01.01.2011 gem. § 64a PfarrerG in den Ruhestand zu versetzen. Dabei wendet sich der Kläger nicht gegen die Zurruhesetzung an sich, vielmehr möchte er eine nachträgliche Abänderung von Rechtsgrund und Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung erreichen.
  1. Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Der Rechtsweg zum Kirchlichen Verwaltungsgericht ist eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art auf dem Gebiet des Kirchenrechts handelt (§ 9 Abs. 1 KVwGG). Ein vermögensrechtlicher Anspruch i.S.v. § 43 Abs. 3 PfarrerG, welcher vor den staatlichen Gerichten geltend zu machen wäre, steht hier nicht in Rede.
    Statthaft ist die Verpflichtungsklage, da der Kläger den Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes erstrebt. Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es nicht, weil die maßgeblichen Ausgangsverwaltungsakte (Bescheide vom 10.05.2010 und vom 04.05.2011) vom Oberkirchenrat erlassen worden sind und ein Kirchengesetz deren Nachprüfung in einem Widerspruchsverfahren nicht ausdrücklich gesondert vorschreibt (§ 42 VVZG-EKD i.V.m. § 14 AEG VVZG-EKD).
    Die Klagefrist ist eingehalten. An sich hätte gegen die Ausgangsbescheide vom 10.05.2010 und vom 04.05.2011 innerhalb eines Monats nach deren Bekanntgabe Klage erhoben werden müssen (§ 34 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 KVwGG). Da beide Ausgangsbescheide aber keine Rechtsmittelbelehrung über den richtigen Rechtsbehelf, die Klagemöglichkeit beim Verwaltungsgericht und die einzuhaltende Monatsfrist enthalten, hat mit ihrer Bekanntgabe die Jahresfrist des § 19 Abs. 2 KVwGG zu laufen begonnen. Im Hinblick auf den Bescheid vom 04.05.2011 ist diese Jahresfrist ohne weiteres eingehalten. Denn die Klage wurde bereits am 19.09.2011 erhoben.
    Im Hinblick auf den Bescheid vom 10.05.2010, welcher dem Kläger am 20.05.2010 zugegangen ist, war die Jahresfrist bei Klageerhebung hingegen schon abgelaufen. Dies hätte an sich zur Konsequenz, dass die Klage insoweit als unzulässig und der Bescheid vom 10.05.2010 als bestandskräftig anzusehen wäre. Allerdings ist hier die Besonderheit zu beachten, dass der Kläger innerhalb der Jahresfrist - am 19.05.2011 - beim Oberkirchenrat „Widerspruch“ erhoben hat. Dieser Widerspruch war zwar nicht statthaft, weil der Oberkirchenrat selbst den Ausgangsverwaltungsakt erlassen hatte (s.o.) und die Einlegung eines nach § 42 Abs. 1 Satz 2 VVZG-EKD unnötigen Widerspruchs die Klagefrist nicht wahrt (so in Bezug auf das Parallelproblem im staatlichen Recht Rennert in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. Rn. 9 zu § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO). Der Oberkirchenrat hat den „Widerspruch“ mit Bescheid vom 19.08.2011 aber ausdrücklich nicht als unstatthaft angesehen, sondern trotz Hinweises auf §§ 42 VVZG-EKD und § 14 AEG VVZG-EKG „ein Widerspruchsverfahren zugelassen“. In der Sache hat er damit eine erneute Verwaltungsentscheidung hinsichtlich jener Regelungen getroffen, die bereits Gegenstand der Ausgangsentscheidung vom 10.05.2010 waren und damit jedenfalls die einmonatige Klagefrist des § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 KVwGG erneut in Lauf gesetzt. Innerhalb dieser Frist - dem Kläger ist die Entscheidung vom 19.08.2011 am 22.08.2011 zugegangen - wurde die Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
    Dem Kläger steht auch die notwendige Klagebefugnis zur Seite. § 10 Abs. 2 KVwGG verlangt, dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung in seinen Rechten verletzt zu sein. In diesem Zusammenhang reicht es aus, dass eine Rechtsverletzung zumindest möglich und nicht nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen ist. Zwar spricht vieles dafür, dass der Kläger durch eine Versetzung in den Ruhestand, die er selbst beantragt hat, letztlich nicht in seinen Rechten verletzt ist (so hinsichtlich des Parallelproblems im staatlichen Recht BVerwG, Beschl. v. 17.09.1996 - 2 B 98/96 -, ZBR 1997, 20). Ob er einen entsprechenden Antrag gestellt hat, ist aber gerade streitig. Infolgedessen kann dem Kläger - entgegen dem Vortrag der Beklagten - auch das Rechtsschutzinteresse für die Klage nicht abgesprochen werden.
  2. Die mithin zulässige Klage ist aber unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten nicht seine Versetzung in den Ruhestand aufgrund von § 64a PfarrerG beanspruchen. Die ablehnenden Bescheide des Oberkirchenrats vom 10.05.2010, vom 04.05.2011, vom 19.08.2011 und vom 05.09.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 78 Abs. 5 Satz 1 KVwGG) Auch eine Verpflichtung der Beklagten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts erneut zu bescheiden, kommt nicht in Betracht (§ 78 Abs. 5 Satz 2 KVwGG).
    1. Rechtsgrundlage für das Begehren, vorzeitig ohne Abschläge in den Ruhestand versetzt zu werden, ist § 64a PfarrerG. Danach kann ein ständiger Pfarrer vor Erreichen der Altersgrenze in § 61 Abs. 1 PfarrerG bereits nach Vollendung des sechzigsten Lebensjahres in den Ruhestand versetzt werden, wenn kirchliche Interessen nicht entgegenstehen. In diesem Fall findet § 7 Abs. 2 Pfarrerversorgungsgesetz keine Anwendung.
      Der Heranziehung des § 64a PfarrerG steht jedoch der auf Antrag des Klägers hin ergangene Zurruhesetzungsbescheid vom 10.05.2010 entgegen. Dieser Zurruhesetzungsbescheid ist rechtmäßig (aa). Seine Aufhebung kommt aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht (bb).
      aa)
      Der Kläger wurde mit Verfügung vom 10.05.2010 auf seinen Antrag hin gem. § 62 Abs. 1 PfarrerG in den Ruhestand versetzt. Die vorzeitige Ruhestandsversetzung nach dieser Vorschrift setzt zwingend einen dahingehenden Antrag des Pfarrers voraus. Dieser ist nicht nur Verfahrensvoraussetzung, sondern zugleich die materiell-rechtlich erforderliche Mitwirkung an dem in der Zurruhesetzung liegenden Eingriff in den bestehenden beamtenrechtlichen Status. Durch den Antrag, der in der Entschließungsfreiheit des Pfarrers liegt, bestimmt dieser nicht nur den Zeitpunkt, sondern auch den Grund seiner Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand. Gleichzeitig gibt er den Prüfungs- und Entscheidungsrahmen für die Maßnahme vor (so zu § 52 LBG VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2009 – 8 K 1883/08 – juris, bestätigt durch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.01.2010 – 4 S 1059/09 -, DöV 2010, 487, juris; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, Stand 2012, § 42 Rdnr. 18a, b).
      Hier hatte der Kläger vor seiner Zurruhesetzung gem. § 62 Abs. 1 PfarrerG einen dementsprechenden Antrag gestellt. Dieser Antrag (vgl. § 11 Nr. 2 VVZG-EKD) konnte formlos und auch konkludent bei dem zuständigen Oberkirchenrat gestellt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 9. Aufl. § 22 Rdnr. 31), denn weder das PfarrerG noch das VVZG-EKD schreiben diesbezüglich eine Schriftform vor. In seinem Schreiben vom 07.07.2009 hat der Kläger gegenüber dem Oberkirchenrat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, er wolle im Alter von 63 Jahren - im Sommer 2010 – in den Ruhestand gehen. Die Zurruhesetzungsabsicht wurde von ihm mit gesundheitlichen Problemen begründet. Unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.10.2007 – 2 C 22/06 -, juris) konnte dies vom Oberkirchenrat nur so verstanden werden, als wünsche der Kläger eine Zurruhesetzung zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Der Umstand, dass das Schreiben vom 07.07.2009 zusätzlich einen Antrag des Klägers auf Befreiung von der Residenzpflicht enthielt, ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen der Vertreterinnen des Oberkirchenrats in der mündlichen Verhandlung bewilligt der Oberkirchenrat solche Anträge in ständiger Verwaltungspraxis grundsätzlich nur dann, wenn der Antragsteller zugleich eine Ruhestandsperspektive aufzeigt. Dass dem Kläger dieser Zusammenhang von Residenzpflichtbefreiung einerseits und Ruhestandsperspektive andererseits bewusst war, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass er ihn in seinem Schreiben vom 07.07.2009 selbst hergestellt hat. In dieses Bild fügt sich nahtlos der in den Behördenakten befindliche Aktenvermerk des Personaldezernats über ein mit dem Kläger am 12.10.2009 geführtes Telefongespräch, wonach der Kläger mitgeteilt habe, dass „der Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand auf 01.09.2012“ zu setzen sei. Zwar hat der Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei in diesem Telefongespräch in erster Linie um die Räumung des Pfarrhauses gegangen; letztlich hat er die inhaltliche Richtigkeit dieses Telefonvermerks aber nicht substantiiert bestritten. Ein auf Zurruhesetzung nach § 62 Abs. 1 PfarrerG gerichteter Antrag des Klägers ist unabhängig davon aber auch darin zu sehen, dass der Kläger dem mit Schreiben des Oberkirchenrats vom 14.12.2009 erteilten „Zwischenbescheid“, aus dem klar zu erkennen war, dass der Oberkirchenrat das Schreiben des Klägers vom 07.07.2009 als Antrag auf Zurruhesetzung gem. § 62 PfarrerG zum 01.09.2010 verstanden hatte, nicht widersprochen hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hierzu erklärt, er habe mit dem Inhalt dieses Schreibens übereingestimmt und deshalb keinen Grund für einen Widerspruch gesehen. Bei dieser Sachlage unterliegt es keinem Zweifel, dass die ergangene Zurruhesetzungsverfügung vom 10.05.2010 in Übereinstimmung mit den Wünschen des Klägers ergangen und in der erforderlichen Weise unter seiner „Mitwirkung“ zustande gekommen ist.
      Lag mithin im Mai 2010 ein entsprechender Antrag des Klägers vor, so konnte die begehrte Versetzung in den Ruhestand ausschließlich aufgrund § 62 Abs. 1 PfarrerG erfolgen. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der antragsgemäßen Versetzung in den Ruhestand sind nämlich die Verhältnisse in dem Zeitpunkt, in dem über seinen Antrag entschieden wird (VG Karlsruhe und VGH Bad.-Württ, a.a.O.), hier also die Verhältnisse im Mai 2010. Damals existierte die Zurruhesetzungsmöglichkeit des § 64a PfarrerG aber noch gar nicht. Auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsentscheidungen kommt es entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch deshalb nicht an, weil ein Widerspruchsverfahren – wie ausgeführt – schon gar nicht durchzuführen war.
      Der Kläger hat seinen Antrag auf Zurruhesetzung nach § 62 Abs. 1 PfarrerG auch nicht wirksam wegen Irrtums angefochten. Zwar kommt eine solche Anfechtung nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 119, 120, 123 BGB) durchaus in Betracht (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vom 19.03.2010 – VG 06/08 – S. 8). Sie ist hier aber nicht „unverzüglich“ i.S.v. § 121 BGB erfolgt, nachdem der Kläger von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hatte. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu angegeben, er habe im Dezember 2010 davon erfahren, dass die Landessynode in der Herbstsynode 2010 die Zurruhesetzungsmöglichkeit nach § 64a PfarrerG geschaffen habe. Hierauf habe er am 18.11.2011 mit dem Oberkirchenrat telefoniert. Geht man davon aus, dass der Kläger in diesem Telefonat eine Irrtumsanfechtung erklärt hat – wofür indes nach seinen eigenen Einlassungen wenig spricht - so wäre diese jedenfalls nicht ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Der Anwaltschriftsatz vom 07.02.2011 – mit welchem eine „Rückgängigmachung“ der Ruhestandsverfügung vom 10.05.2010 beantragt wurde – enthält schon keine Irrtumsanfechtung, jedenfalls wäre eine solche aber erst recht nicht „unverzüglich“ erfolgt. Unabhängig davon steht dem Kläger aber auch kein Anfechtungsgrund zur Seite. Denn die Einführung des § 64a PfarrerG zum 01.01.2011 ändert nichts daran, dass die zuvor bereits im Mai 2010 ausgesprochene Zurruhesetzung gem. § 62 Abs.1 PfarrerG – auch im Hinblick auf die damit ausgelösten Rechtsfolgen – seiner Vorstellung entsprach. Über den Inhalt seiner Zustimmung zu dem vom Oberkirchenrat antragsgemäß eingeschlagenen Verfahren hat sich der Kläger deshalb nicht geirrt.
      Unter den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 PfarrerG vorlagen. Die Entscheidung des Oberkirchenrats, den Kläger antragsgemäß zum 01.09.2010 in den Ruhestand zu versetzen, war zudem ermessensfehlerfrei. Insbesondere musste der Oberkirchenrat bei der nach § 62 Abs. 1 PfarrerG zu treffenden Ermessensentscheidung nicht die zukünftige Zurruhesetzungsmöglichkeit nach § 64a PfarrerG berücksichtigen. Erst recht war er nicht gehalten, mit Blick auf diese künftige Zurruhesetzungsmöglichkeit von einer Zurruhesetzung nach § 62 Abs. 1 PfarrerG abzusehen. Denn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zurruhesetzungsantrag des Klägers im Mai 2010 existierten zwar konkrete Überlegungen im Oberkirchenrat zur Schaffung einer Regelung entsprechend dem späteren § 64a PfarrerG, das Kollegium beschloss hierüber aber erst am 29.06.2010. In der Sommersynode 2010 (14.-17.07.2010) wurde der Gesetzentwurf zur Änderung des Pfarrergesetzes eingebracht; erst am 23. 11. 2010 beschloss die Landessynode die Einführung des § 64a PfarrerG. Die Vertreterinnen des Oberkirchenrats haben in der mündlichen Verhandlung ergänzend – und vom Kläger nicht bestritten – ausgeführt, dass noch im Frühjahr 2010 ein Alternativmodell zu der letztlich mit § 64a PfarrerG realisierten Vorruhestandslösung diskutiert worden sei, nämlich ein Aufnahmestopp in das Vikariat. Dieses Modell habe man aber erst mit der Kollegiumsentscheidung vom 29.06.2010 endgültig verworfen.
      Vor diesem Hintergrund bestand im Mai 2010 für den Oberkirchenrat weder die rechtliche Möglichkeit noch die rechtliche Verpflichtung, eine alternative Zurruhesetzungsmöglichkeit des Klägers auf Grund einer Rechtsvorschrift in Erwägung zu ziehen, die zwar auf den Weg gebracht, deren Verabschiedung durch die Landessynode und deren Inkrafttreten aber völlig offen war.
      Aus diesem Grund hatte der Oberkirchenrat im Zusammenhang mit seiner Entscheidung über den Zurruhesetzungsantrag des Klägers nach § 62 Abs. 1 PfarrerG auch keine Veranlassung, den Kläger auf eine zwar mögliche, letztlich aber noch nicht konkret absehbare Rechtsänderung hinzuweisen. Anderes folgt auch nicht aus dem Hinweis des Oberkirchenrats in dem Schreiben vom 14.12.2009, wonach der Zurruhesetzungsantrag des Klägers weiter bearbeitet werde und man davon ausgehe, dass sich die Rechtslage dazu in absehbarer Zeit nicht verändern werde. Dieser Hinweis bezieht sich ersichtlich auf die zum damaligen Zeitpunkt allein beantragte und in Rede stehende Zurruhesetzung aufgrund von § 62 Abs. 1 PfarrerG. Schutzwürdiges – und im Rahmen der hier zu prüfenden Ermessensentscheidung berücksichtigungsfähiges - Vertrauen des Klägers darauf, dass zukünftig keine andere, ihm günstigere Zurruhesetzungsmöglichkeit geschaffen würde, konnte sich daher nicht bilden, zumal nach allgemeinen Grundsätzen jeder Rechtsunterworfene – und damit auch der Kläger – jederzeit mit einer Rechtsänderung zu rechnen hat und von vornherein kein schutzwürdiges Vertrauen auf die unveränderte Weitergeltung einer bestimmten Rechtslage besteht.
      bb)
      Die mithin wirksam und rechtmäßig ergangene Verfügung vom 10.05.2010 über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand gem. § 62 Abs. 1 PfarrerG kann seit Beginn des Ruhestands nicht mehr zurückgenommen werden. Das Pfarrergesetz enthält insoweit – anders als das Kirchenbeamtengesetz EKD in § 72 Abs. 2 und die staatlichen Beamtengesetze, etwa § 58 Abs. 2 Satz 2 Landesbeamtengesetz und § 59 Satz 2 Bundesbeamtengesetz - zwar keine ausdrückliche Regelung. Die Nichtabänderbarkeit einer Zurruhesetzungsverfügung nach Beginn des Ruhestands entspricht aber allgemeinen dienstrechtlichen Grundsätzen und beansprucht deshalb Geltung auch für das Pfarrergesetz. Denn diese Grundsätze dienen zum einen dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten, zum anderen aber dem allgemeinen Interesse an der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Im Hinblick auf die statusverändernde Wirkung einer Zurruhesetzung soll weder dem Beamten noch dem Dienstherrn die Möglichkeit zustehen, eine antragsgemäß und damit rechtmäßig erfolgte und wirksam gewordene Zurruhesetzung nachträglich zu ändern. Die Nichtabänderbarkeit einer Zurruhesetzungsverfügung nach Beginn des Ruhestands ist damit das Gegenstück der Ämterstabilität, die aus ähnlichen Gründen den Widerruf und die Rücknahme der Ernennung eines Beamten von den allgemeinen Vorschriften ausnimmt und an spezielle, im Beamtengesetz selbst geregelte Voraussetzungen knüpft (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 17.09.1996 – 2 B 98/96 -, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Beschl. s. 26.01.2010 – 4 S 1059/09 -, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urt. v. 19.04.2010 – 13 K 7900/09 -, juris; VG Karlsruhe, Urt. v. 10.03.2009 a.a.O; Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Urt. v. 19.03.2010 – VG 06/08 -, S. 9).
      Der Grundsatz der Nichtabänderbarkeit einer Zurruhesetzungsverfügung nach Beginn des Ruhestands schließt dabei nicht nur die Rücknahme einer einmal wirksam gewordenen Zurruhesetzungsverfügung aus. Er verbietet es auch, die Zurruhesetzungsverfügung nachträglich auf einen anderen Rechtsgrund zu stützen. Denn der Zurruhesetzungsantrag des Beamten – dementsprechend hier der Antrag des Klägers – bezieht sich schlechthin auf die Versetzung in den Ruhestand, also auch auf die dadurch bewirkte Veränderung des materiellen Rechtsstatus. Dies hat zur Konsequenz, dass die antragsgemäß und wirksam getroffene Zurruhesetzungsentscheidung mit Beginn des Ruhestands auch hinsichtlich des Zurruhesetzungsgrundes der Dispositionsbefugnis des Beamten und des Dienstherrn entzogen ist (BVerwG Beschl. v. 17.09.1996 – 2 B 98/96 -, VG Karlsruhe und VG Düsseldorf, jeweils a.a.O.).
      Aus den genannten Gründen ist der in den Ruhestand versetzte Beamte, wenn er die Zurruhesetzung selbst beantragt oder dieser zugestimmt hat, durch die Zurruhesetzungsverfügung nicht in seinen Rechten verletzt und zwar unabhängig davon, ob diese rechtfehlerfrei ergangen ist (BVerwG, Beschl. v. 17.09.1996 – 2 B 98/96 -, a.a.O). Entsprechendes muss im Falle des Klägers gelten.
      Damit kommt vorliegend weder eine Rücknahme der Zurruhesetzungsverfügung vom 10.05.2010 in Betracht noch ein Wiederaufgreifen des Verfahrens mit dem Ziel, diese Zurruhesetzungsverfügung aufzuheben oder zu ändern.
    2. Schließlich kann der Kläger auch unter dem Gesichtspunkt der Zusicherung nicht seine Zurruhesetzung nach § 64a PfarrerG verlangen. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob in der E-Mail des Personaldezernats vom 11.02.2011 tatsächlich eine schriftliche Zusicherung i.S.d. § 25 Abs. 1 VVZG-EKD liegt. Hierfür spricht einiges, weil § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VVZG-EKD i.V.m. § 24 Abs. 2 VVZG-EKD den Erlass und die Übermittlung eines Verwaltungsakts in elektronischer Form erlauben, wobei das kirchliche Recht im Falle des § 25 VVZG-EKD zwar die Schriftform vorschreibt, nicht aber das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben. Denn eine am 11.02.2011 rechtswirksam erteilte Zusicherung – unterstellt, sie läge vor - wurde vom Oberkirchenrat jedenfalls wieder in zulässiger Weise zurückgenommen. Nach § 25 Abs. 2 VVZG-EKD ist die allgemeine Rücknahmevorschrift des § 36 VVZG-EKG auf die Rücknahme einer Zusicherung anzuwenden. Die dort genannten Rücknahmevoraussetzungen liegen hier vor: Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass und weshalb nach dem 01.09.2010 eine Zurruhesetzung des Klägers aufgrund von § 64a PfarrerG nicht mehr möglich, m.a.W. die vom Personaldezernat mit E-Mail vom 11.02.2011 zugesagte Verfahrensweise rechtswidrig war. Die Jahresfrist des § 36 Abs. 4 VVZG-EKD ist offensichtlich eingehalten. Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand der zugesagten Verfahrensweise, welches bei einer Rücknahmeentscheidung berücksichtigt werden müsste (vgl. § 36 Abs. 3 VVZG-EKD), liegt nicht vor. Es ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Ergehen der Zusicherung (am Freitag, den 11.02.2011) und deren Rücknahme (am Montag, den 14.02.2011) gerade einmal ein Wochenende liegt. Trotz konkreter Nachfrage des Gerichts hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nichts dazu vorgetragen, dass er dieser Zeit im Zusammenhang mit der zugesagten Ruhestandsversetzung Vermögensdispositionen getroffen hätte.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVwGG.
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Beschluss vom 20.07.2012

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Der Streitwert des Klageverfahrens wird – unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 28.09.2011 – auf 9.042,48 EUR festgesetzt (§§ 97 KVGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 42 Abs. 2 GKG). Auf die Streitwertberechnung des Oberkirchenrats in der Klageerwiderung (S. 7/8), die sich das Gericht zu eigen macht, wird verwiesen.