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760. Verordnung des Oberkirchenrats
für den Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten (Prädikantenordnung – PrädO)

Vom 2. September 2008

(Abl. 63 S. 231), geändert durch Verordnung des Oberkirchenrats vom 16. Oktober 2012 (Abl. 65 S. 387), vom 10. Dezember 2013 (Abl. 66 S. 1, 4) und vom 29. April 2014 (Abl. 66 S. 91)

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§ 1
Grundsätzliches

( 1 ) Aus der göttlichen Stiftung des Predigtamtes (CA V) ergibt sich für die Kirche der Auftrag, das Menschen Mögliche zu tun, dass das Wort Gottes, dem sie sich selbst verdankt, öffentlich verkündigt wird.
( 2 ) Die Kirche nimmt diesen göttlichen Auftrag wahr, indem sie Menschen in einem geordneten Verfahren zur öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung beruft (CA XIV). Dazu gehört notwendig eine entsprechende theologische Aus- und Fortbildung sowie die Bekenntnisbindung und Visitation der Beauftragten. Die Regelform dieser Berufung ist die Ordination zum Pfarrdienst, die lebenslange uneingeschränkte Beauftragung mit dem Amt der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung.
( 3 ) Die Kirche beauftragt darüber hinaus angemessen ausgebildete Frauen und Männer mit dem Prädikantendienst als einem räumlich und zeitlich begrenzten ehrenamtlichen Auftrag zur Verkündigung des Wortes Gottes sowie bei Bedarf und nach entsprechender Ausbildung zur Sakramentsverwaltung.
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§ 2
Tätigkeit der Prädikantinnen und Prädikanten

( 1 ) Prädikantinnen und Prädikanten achten Kanzelrecht (§ 9 Württ. Pfarrergesetz1#) und Parochialrecht (§ 10 Württ. Pfarrergesetz2#) der Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer. Sie tun ihren Dienst im Einvernehmen und in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit diesen, dem Kirchengemeinderat und dem Dekanatamt nach der Ordnung der Landeskirche.
( 2 ) Prädikantinnen und Prädikanten übernehmen in der Regel Predigtgottesdienste an Sonn- und Feiertagen, damit insbesondere
  1. in Gemeinden mit vakanter Pfarrstelle,
  2. in Urlaubs- und Krankheitszeiten sowie bei Sonderdiensten einer Pfarrerin oder eines Pfarrers und
  3. in Filialgemeinden
regelmäßig und zu günstigen Zeiten Gottesdienste gefeiert werden können. Außerdem kann durch ihren Dienst Pfarrerinnen und Pfarrern ein predigtfreier Sonntag ermöglicht werden.
Andere Predigtgottesdienste (z. B. in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen) können Prädikantinnen und Prädikanten dann übernehmen, wenn sie dazu besonders befähigt oder ausgebildet sind.
( 3 ) Zur Leitung von Sakramentsgottesdiensten können Prädikantinnen und Prädikanten vom Oberkirchenrat ermächtigt werden, wenn sie an einem entsprechenden Kurs teilgenommen haben.3# Sakramentsgottesdienste können ihnen insbesondere dann übertragen werden, wenn der Predigtdienst auf einen Tauf- oder Abendmahlssonntag der Gemeinde fällt. Für die Anmeldung und Zulassung von Taufen, sowie für das Taufgespräch bleibt das örtliche Pfarramt oder dessen ordentliche Stellvertretung zuständig.
Prädikantinnen und Prädikanten beraumen von sich aus keinen Sakramentsgottesdienst an und nehmen auch keine Anmeldungen zur Taufe von Seiten der Gemeindeglieder entgegen.
( 4 ) In außergewöhnlichen Fällen ist die Übernahme von anderen kirchlichen Amtshandlungen (Trauung, Bestattung) durch Prädikantinnen und Prädikanten möglich. Dazu ist eine besondere Ermächtigung durch den Oberkirchenrat im Benehmen mit dem Dekanatamt und eine Einweisung durch das zuständige Pfarramt erforderlich.4# Gegebenenfalls kann ein Kasualgottesdienst von Prädikantin oder Prädikant und Pfarrerin oder Pfarrer gemeinsam geleitet werden.
( 5 ) Prädikantinnen und Prädikanten tragen keinen Talar. Sie können für den Dienst das liturgische Gewand der mit der öffentlichen Wortverkündigung Beauftragten tragen.5#
( 6 ) Prädikantinnen und Prädikanten halten sich an die Gottesdienstordnung der Landeskirche. Die örtliche Gottesdienstordnung ist zu beachten. Die Gottesdienste werden anhand des Gottesdienstbuches gehalten.
( 7 ) Als Vorlage für die Predigt dient den Prädikantinnen und Prädikanten in der Regel eine der Prädikantenpredigten, die der Evang. Oberkirchenrat herausgibt. Die Prädikantinnen und Prädikanten eignen sich diese an. Dies kann auch so geschehen, dass sie die Vorlage bearbeiten und sie in freier Weise wiedergeben. Bei der Erstellung der Liturgie orientieren sich die Prädikantinnen und Prädikanten an den Liedern, Gebeten und Psalmen, die sie zusammen mit den Predigtvorlagen erhalten. Das Verfassen eigener Predigten ohne Anleitung und Begleitung ist in der Regel im Prädikantendienst nicht vorgesehen.
Für Prädikantinnen und Prädikanten mit langjähriger Erfahrung und entsprechender Begabung ist über das Dekanatamt eine Anmeldung zu einer vom Landesprädikantenpfarramt angebotenen Ausbildung für die freie Wortverkündigung möglich. Die erfolgreiche Teilnahme an dieser Ausbildung und die Beauftragung durch den Oberkirchenrat ist die Voraussetzung dafür, dass Prädikantinnen und Prädikanten Predigten selbst verfassen.
( 8 ) Das Dekantamt regelt die Diensteinsätze der Prädikantinnen und Prädikanten im Einvernehmen mit dem Pfarramt der jeweiligen Gemeinde.
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§ 3
Ehrenamt

( 1 ) Prädikantinnen und Prädikanten versehen ihren Dienst ehrenamtlich. Sie erhalten jährlich ein Büchergeld. Reisekosten und notwendige Auslagen werden von der Kirchenbezirkskasse ersetzt.
( 2 ) Während ihres Dienstes sind Prädikantinnen und Prädikanten von der Landeskirche unfall- und haftpflichtversichert. Die Fahrten zum und vom Dienst gelten als Dienstfahrten im Sinne der Reisekostenordnung. Bei Sachschäden, die sie selbst zu tragen haben, kann entsprechend den Bestimmungen, die für die Dienstunfallfürsorge für Pfarrerinnen und Pfarrer gelten, von der Landeskirche Ersatz geleistet werden.
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§ 4
Anmeldung

( 1 ) Zum Prädikantendienst geeignete Frauen und Männer werden vom Pfarramt im Einvernehmen mit dem Kirchengemeinderat dem Dekanatamt gemeldet. Die Dekanin oder der Dekan prüft die Meldung und leitet sie im Falle der Eignung an das Landesprädikantenpfarramt weiter. In Zweifelsfällen kann sie oder er sich mit dem Kirchenbezirksausschuss beraten.
( 2 ) Voraussetzungen für die Eignung sind:
  1. Kirchenmitgliedschaft in der Evangelische Landeskirche in Württemberg,
  2. Wählbarkeit gemäß § 3 Kirchliche Wahlordnung6#,
  3. Zustimmung zur Bekenntnisgrundlage der Evang. Landeskirche in Württemberg,
  4. Umgang mit der Bibel, aktive Beteiligung am kirchlichen und gottesdienstlichen Leben, Bewährung in anderen Diensten, Vertrauen der Gemeinde,
  5. Bereitschaft, den Prädikantendienst in der Volkskirche zu tun,
  6. Fähigkeit, Texte Sinn entsprechend und deutlich vorzutragen,
  7. Psychische Stabilität,
  8. Bereitschaft zur Teilnahme an den Aus- und Fortbildungskursen,
  9. ein Alter von in der Regel über 24 und unter 66 Jahren.
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§ 5
Ausbildung

( 1 ) Die Ausbildung zum Prädikantendienst gliedert sich in drei Abschnitte, die jeweils mindestens 20 Stunden umfassen und wird durch Praxiseinheiten ergänzt. Die Ausbildung umfasst insbesondere
  1. theologische Grundlagen und
  2. Theologie und Praxis des Gottesdienstes.
( 2 ) An den Kursen kann teilnehmen, wer vom Landesprädikantenpfarramt zugelassen wird.
( 3 ) Die Kursinhalte werden vom Landesprädikantenpfarramt im Einvernehmen mit dem Oberkirchenrat festgelegt.
( 4 ) Leistungen und praktische Erfahrungen, die im Rahmen einer Ausbildung, eines Studiums oder einer sonstigen Tätigkeit erbracht oder gesammelt wurden, können auf Antrag auf die Ausbildung angerechnet werden. Die Entscheidung hierüber trifft das Landesprädikantenpfarramt im Einvernehmen mit dem Oberkirchenrat.
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§ 6
Beauftragung und Altersgrenze

( 1 ) Nach dem ersten Ausbildungsabschnitt (§ 5 Absatz 1) können den Prädikantinnen und Prädikanten einzelne Dienste übertragen werden, bei denen sie eine Pfarrerin, ein Pfarrer, eine erfahrene Prädikantin oder ein erfahrener Prädikant als Mentor begleitet. Nach der Teilnahme an den Ausbildungsabschnitten zwei und drei können sie mit dem Prädikantendienst beauftragt werden.
( 2 ) Die Prädikantinnen und Prädikanten werden von der Dekanin oder dem Dekan im Einvernehmen mit dem Kirchenbezirksausschuss beauftragt und in einem Gottesdienst der Bezirkssynode oder einer Bezirksgemeinde in ihren Dienst eingeführt.
( 3 ) Die Beauftragung wird vom Dekanatamt schriftlich bestätigt. Sie erfolgt jeweils auf sechs Jahre in widerruflicher Weise. Eine erneute Beauftragung ist möglich.
( 4 ) Der Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten endet mit der Vollendung des 75. Lebensjahres. In Ausnahmefällen kann eine Prädikantin oder ein Prädikant auch danach für einzelne Gottesdienste durch das Dekanatamt angefragt werden.
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§ 7
Fortbildung und Visitation

( 1 ) Die im Dienst befindlichen Prädikantinnen und Prädikanten nehmen innerhalb einer Beauftragungsperiode mindestens an einer Fortbildungsmaßnahme (Aufbaukurs o. ä.) teil.
( 2 ) Die Inhalte der Fortbildungsmaßnahmen werden vom Landesprädikantenpfarramt im Einvernehmen mit dem Oberkirchenrat festgelegt.
( 3 ) Die Dekanin oder der Dekan führt die Dienstaufsicht über die Prädikantinnen und Prädikanten und visitiert sie. Sie oder er kann nach Maßgabe des § 5 Absatz 6 Visitationsordnung7# die Bezirksprädikantenpfarrerin oder den -pfarrer in einer Visitationsgruppe an der Visitation beteiligen.
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§ 8
Landesprädikantenpfarramt

( 1 ) Die Landesprädikantenpfarrerin bzw. der -pfarrer leitet die Prädikantenarbeit in der Württembergischen Landeskirche im Auftrag des Oberkirchenrates und im Zusammenwirken mit diesem. Er oder sie führt die Ausbildungen auf Landesebene durch. Dazu gehört auch die Ausrichtung von Landesprädikantentagen, Studientagen und von familienbezogenen Angeboten. Er oder sie koordiniert die Arbeit an den Predigtvorlagen, berät die Dekaninnen und Dekane bei der Begleitung der Prädikantinnen und Prädikanten auf Bezirksebene und hält Verbindung zur Prädikantenarbeit in anderen Landeskirchen.
Zu den Aufgaben des Landesprädikantenpfarramtes gehört die theologische Besinnung über die Bedeutung des allgemeinen Priestertums und sein Verhältnis zum besonderen Amt der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung ebenso wie über Fragen des Gottesdienstes.
( 2 ) Zu den Aufgaben gehört auch die theologische Begleitung des Mesnerbundes, insbesondere die Mitarbeit bei Grund- und Aufbaukursen und den Fortbildungstagungen.
( 3 ) Die Landesprädikantenpfarrerin oder der Landesprädikantenpfarrer arbeitet mit dem Referenten oder der Referentin im Evangelischen Gemeindedienst8# zusammen, zu deren oder dessen Aufgaben die Mitwirkung in der Prädikantenarbeit gehört.
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§ 9
Landesarbeitskreis (LAK)

( 1 ) Der LAK berät die grundlegenden Fragen der Prädikantenarbeit und begleitet die Arbeit des Landesprädikantenpfarramtes.
( 2 ) Der LAK wird von der Gesamtheit der Prädikantinnen und Prädikanten auf die Dauer von sechs Jahren gewählt. Näheres regelt die Wahlordnung in der Anlage zu dieser Verordnung.
( 3 ) Außer den gewählten Mitgliedern gehören zum LAK kraft Amtes eine Vertreterin oder ein Vertreter des Oberkirchenrats, die Landesprädikantenpfarrerin oder der Landesprädikantenpfarrer, die Referentin oder der Referent für die Prädikantenarbeit (§ 8 Absatz 3) und die Predigtredaktorinnen und Predigtredaktoren.
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§ 10
Prädikantenrat

( 1 ) Der LAK wählt aus seiner Mitte den Prädikantenrat. Zu wählen sind acht Prädikantinnen und Prädikanten, eine Dekanin oder ein Dekan und eine Bezirksprädikantenpfarrerin oder ein Bezirksprädikantenpfarrer. Kraft Amtes gehören ihm an: eine Vertreterin oder ein Vertreter des Oberkirchenrats, die Landesprädikantenpfarrerin oder der Landesprädikantenpfarrer, die Referentin oder der Referent für die Prädikantenarbeit (§ 8 Absatz 3) und die Predigtredaktorinnen und Predigtredaktoren.
( 2 ) Der Prädikantenrat begleitet die praktische Arbeit.
( 3 ) Der Prädikantenrat macht bei der Besetzung des Landesprädikantenpfarramtes aus der Zahl der in Betracht kommenden Bewerberinnen und Bewerber einen Vorschlag. An den betreffenden Sitzungen wirken außerdem zwei Vertreterinnen oder Vertreter des Mesnerbundes und die zuständige Abteilungsleiterin oder der zuständige Abteilungsleiter im Evang. Gemeindedienst mit; alle drei haben Stimmrecht. Bei der Besetzung der Stelle der Referentin oder des Referenten für die Prädikantenarbeit (§ 8 Absatz 3) wird der Prädikantenrat beteiligt.
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§ 11
Prädikantensprecher

( 1 ) Der Prädikantenrat wählt aus seiner Mitte eine Sprecherin oder einen Sprecher und dessen oder deren Stellvertreterin oder Stellvertreter.
( 2 ) Sie vertreten die Belange der Prädikantenschaft.
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§ 12
Schlussbestimmungen

( 1 ) Lektorinnen und Lektoren, die nach den Richtlinien für den Lektorendienst in ihr Amt berufen wurden, sind Prädikantinnen und Prädikanten im Sinne dieser Verordnung.
( 2 ) Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Die Richtlinien für den Lektorendienst vom 6. Oktober 1994 (Abl. 56 S. 201), geändert am 26. August 1997 (Abl. 57 S. 351), treten gleichzeitig außer Kraft.

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1 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt unter Nr. 440 u. 441 dieser Sammlung.
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2 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt unter Nr. 440 u. 441 dieser Sammlung.
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3 ↑ Red. Anm.: Vgl. Nr. 20 Ausführungsbestimmungen zur Abendmahlsordnung (abgedruckt unter Nr. 130 u. 131 dieser Sammlung) und Nr. 37 Satz 2 Ausführungsbestimmungen zur Taufordnung (abgedruckt unter Nr. 140 u. 141 dieser Sammlung).
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4 ↑ Red. Anm.: Vgl. Nr. 13 a Satz 2 Ausführungsbestimmungen zur Ordnung der kirchlichen Trauung (abgedruckt unter Nr. 160 u. 161 dieser Sammlung).
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5 ↑ Red. Anm.: Vgl. Nr. 137 dieser Sammlung.
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6 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt unter Nr. 70 u. 71 dieser Sammlung.
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7 ↑ Red. Anm.: Abgedruckt unter Nr. 90 u. 91 dieser Sammlung.
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8 ↑ Der Evangelische Gemeindedienst ist Teil des Landeskirchlichen Bildungszentrums.